Deutscher Titel: Der schmale Pfad durchs Hinterland
Der junge tasmanische Arzt Dorrigo Evans gerät im 2. Weltkrieg in japanische Kriegsgefangenschaft. Zusammen mit seinen Kameraden gehört er zu der Gruppe von Kriegsgefangenen, die beim Bau der Thailand-Burma-Eisenbahn, die nicht umsonst auch „Todeseisenbahn“ genannt wird, eingesetzt wurden. Die Zustände dort sind unerträglich, die Kriegsgefangenen sterben wie die Fliegen. Dorrigo setzt alles daran, die ihm unterstellten Kameraden am Leben zu erhalten, doch ein zweites Thema beschäftigt ihn: die Erinnerung an seine Geliebte Amy – die Frau seines Onkels. Dorrigo wird die Todeseisenbahn überleben, wird zum gefeierten Kriegsheld, doch wirkliches Glück wird er nicht mehr finden.
Ich hatte sehr hohe Erwartungen an dieses Buch – die darf man bei einem Werk, das mit dem Man Booker Prize ausgezeichnet wurde, auch haben. Stilistisch wurden diese Erwartungen absolut erfüllt, Flanagan schreibt poetisch, anspruchsvoll, ohne die Grenze zum schwer lesbaren Text zu überschreiten. Dorrigo selbst ist ein bibliophiler Charakter:
„At such times he had the sensation that there was only one book in the universe, and that all books were simply portals into this greater ongoing work – an inexhaustable, beautiful world that was not imaginary but the world as it truly was, a book without beginning or end.“ (Seite 63)
Die Schilderungen der Arbeit der Kriegsgefangenen und der Zustände im Camp sind schier unerträglich. Es ist jedoch wichtig, davon zu erfahren, darüber zu lesen, denn wir müssen erfahren, uns daran erinnern, zu welchen Grausamkeiten Menschen fähig sind, wenn sie indoktriniert wurden – ein Thema, das wohl leider nie seine Aktualität verlieren wird. Besonders interessant ist hier der Blick auf die japanischen Befehlshabenden. Einige Kapitel sind aus der Sicht eines solchen geschrieben, sodass der Leser eine Vorstellung von deren Denkweise vermittelt bekommt. Dies wird bis in die Nachkriegszeit fortgeführt, ebenso wie Dorrigo Evans‘ Geschichte.
Dorrigos Charakter wird durch seine Liebe zu Amy und seine Erfahrungen als Kriegsgefangener geprägt. Im Grunde verlässt Dorrigo den Dschungel nie ganz. Ich würde hier gerne einen entscheidenden Satz zitieren, das kann ich aber nicht, da er einen Spoiler enthält.
Ich kann diesem Buch trotz allem keine Bestwertung geben, denn ein Problem hatte ich: Die Liebesgeschichte ist nicht „an mich herangegangen“. Sie verläuft für meine Begriffe zu steril, zu schnell, ich kann sie nicht ganz nachvollziehen. Die Erfahrungen der Kriegsgefangenen im Camp sind als Thema mächtig genug, ich hätte lieber ein Buch gelesen, das sich gänzlich darauf konzentriert. Ich habe überlegt, ob man die Liebesgeschichte nicht hätte weglassen können, doch sie spielt für Dorrigos weitere Entwicklung eine zu große Rolle. Es wäre ein anderes Buch geworden.
Daher gibt es von mir 4 von 5 Sternen und Richard Flanagans andere Bücher sind schon auf meiner Wunschliste gelandet.
I cannot read another book about the second world war. Ich bin ausgeweltkriegt. Oder verweltkriegt. Or something.
I can understand that, though it never ceases to interest me, I guess being German and wanting to keep the memory alive plays a part in that. Also, I must confess WW II in Asia is something I don’t know all that much about. „ausgeweltkriegt“, that’s a good one! 😀
Verweltkriegt sounds like verwelkt, which describes my mood, though 🙂 I was trying for vergeweltkriegt but that sounds like vergewaltigt, and I don’t feel that strongly about it 🙂
Du rezensierst in letzter Zeit so viele Bücher, die ich auch unbedingt noch lesen möchte! 😀 Das habe ich gerade erst bestellt und ich bin wirklich schon sehr gespannt, weil es ja doch mal eine etwas andere Weltkriegsgeschichte ist.
Oh, das freut mich 🙂 Ich bin in letzter Zeit eventuell von bestimmten Booktubern beeinflusst 😉
[…] Richard Flanagan: The Narrow Road to the Deep North – Rezension […]